Versuch einer Deutung des Familiennamens

Interessant ist die Frage, wie entstand der Familienname Billeb o. a. und was bedeutet er? Mit absoluter Sicherheit läßt sich eine solche Frage wohl selten beantworten, obwohl die wissenschaftlichen Untersuchungen auf dem Gebiet der Namenforschung in den vergangenen Jahren sehr große Erfolge gezeitigt haben.

 

Es sind sehr unterschiedliche Namensformen, die wir bei der Erforschung unseres Geschlechtes antreffen. In alphabetischer Reihenfolge sind diese:

 

Bielib

Billebius

Billipp

 

Bielip

Billeib

Pieleb

 

Bileb

Billeiben

Pilip

 

Bilep

Billenb

Pilleb

 

Bilip

Billep

Pillep

 

Bilipp

Billepp

Pillip

 

Billeb

Billib

Pillipp.

Billeben

Billip

 

 

 

In unseren Betrachtungskreis wollen wir zunächst alle diese Namensformen einbeziehen. Wir werden sehen, daß die meisten dieser Namen nachweislich von Mitgliedern eines Geschlechtes getragen wurden. Bei anderen ist mit ziemlicher Sicherheit anzunehmen, daß die Träger dieser Namen ebenfalls zum Gesamtgeschlecht gehören. Aber bei einigen bestehen auch Zweifel. Sicher werden viele Namensträger Pillip o. a. nichts mit unserem Geschlecht zu tun haben. Es steht fest, daß sich der Name Pillip auch oft aus Philipp entwickelt hat.

 

Als Stammform treffen wir ab ungefähr 1500 in Holzthaleben bei Sondershausen die Form Bilieb, oft auch Billeben, an. Ganz in der Nähe von Holzthaleben liegt das Dorf Billeben, heute ein Ortsteil von Abtsbessingen. Dieser Ort wird dem Geschlecht den Namen gegeben haben. Dabei bleibt offen, ob in der Zeit als unsere Familiennamen entstanden sind, ein Mann, der aus Billeben kam, in seinem neuen Wohnort so benannt wurde, oder ob, da es auch ein Geschlecht von Billeben gegeben hat, die Nachkommen dieses Geschlechtes sich so nannten. Im Endergebnis ist das gleichgültig, denn in beiden Fällen haben die Leute in der Zeit als die Namen fest wurden, in Billeben gelebt.

Billeben ist ein kleines, südlich von Ebeleben, im flachen Lande gelegenes Dorf. Die Häuser liegen rechts und links der einzigen Dorfstraße, mitten im Dorf überquert diese einen kleinen Bach. Die kleine Kirche ist in einzelnen Teilen sehr alt.

 

Der Ort, der 1717 nur 131 und 1854 auch nur 193 Einwohner zählte, muß früher bedeutender gewesen sein, denn er hatte schon früh ein eigenes Pfarramt, So wird in einer Urkunde vom Jahre 1253 als Zeuge u.a. Johann, Pfarrer von Billeben, erwähnt. In anderen Urkunden wird 1297 und 1311 ein Giselherus, Pleban (=Pfarrer) in Billeben genannt "Hoyphe", als Zeuge genannt. Um 1270 hatte das Stift Burschla bei Treffurt das Patronatsrecht (mit der Befugnis einen Kandidaten für das Pfarramt vorzuschlagen) für Billeben. Alles deutet daraufhin, daß der Ort früh einen Herrensitz mit eigener Gerichtsbarkeit hatte. In einer Urkunde des Klosters Fulda vom Jahre 802! wird Billeben zum ersten Male erwähnt. Weitere Urkunden des gleichen Klosters aus den Jahren 860 und 874 behandeln Zuwendungen und Zehntleistungen in Billeben. Um 1130 war Billeben ein Besitztum der Gräfin Heilinburg von Gleichen, welche den Ort aber im Jahre 1130 im Rahmen eines Tausches gegen Volkenroda bei Mühlhausen an den Landgrafen von Thüringen abtrat. Fast 150 Jahre später kaufte das Kloster Volkenroda das Dorf Billeben samt den Vogteirechten, der Gerichtsbarkeit und aller Einkünfte. Diese betrugen jährlich 15 1/2 Mark und 2000 Mühlhäuser Mltr. Getreide. Aber bereits 1308 kauften die Brüder Ludolph von Ebeleben das Dorf für 300 Mark zurück. Es blieb dann Bestandteil der Herrschaft Ebeleben und zwar bis 1372 als freies Besitztum, dann als Lehen der Grafen von Schwarzburg. Mit dem Kloster Volkenroda haben auch nach dem 1308 erfolgten Verkauf des Dorfes Bindungen bestanden, wie andere Urkunden beweisen. Aus diesem Ort, dessen Namen die Mitglieder des Geschlechtes heute noch verkürzt oder abgewandelt tragen, stammen die Vorfahren des Geschlechtes. Was bedeutet nun der Name Billeben? In den ältesten erhalten gebliebenen Urkunden wird der Ort: 860 Bienelebe, 874 Beneleba, 1130 Beleheuen (Beleheven), 1300 Byeleyben, 1312 Billeyben und auch Bylleiben genannt. Das Grundwort -leben gibt da einen Anhaltspunkt. Ein großer Kreis von Geschichts- und Namenforschern hat sich mit der Entstehung und Bedeutung der Ortsnamen mit der Endung -leben befaßt. Das Auffallende ist, daß wir solche Ortsnamen nur in ganz bestimmten Gegenden antreffen. Nehmen wir auch die im dänischen Siedlungsgebiet liegenden Orte mit der sprachlich gleichbedeutenden Endung auf lef oder lev hinzu, so ist das ein Gebiet, das von Südschweden, den dänischen Inseln über Jütland, mit Überspringung des nördlichen Niedersachsen, über die Altmark, das bis zur Elbe erweiterte Ostharzgebiet und Thüringen mit einem Ausläufer in Sichtung Würzburger Von einigen Ausnahmen, wie Orte, die im Hannoverschen oder östlich der Elbe liegen, kann man absehen, da es sich hier fast ausschließlich um Gründungen jüngeren Datums handelt.

 

Eine starke Häufung findet sich im Gebiet des alten 531 zerschlagenen Thüringerreiches. Es ist bekannt, daß an der Bildung des Stammes der Thüringer neben den Hermunduren u.a. auch die Warnen und Angeln beteiligt waren, Wann die beiden letztgenannten Völker aus ihrer auf der jütischen Halbinsel gelegenen Heimat nach Thüringen gezogen sind, läßt sich heute nicht mehr mit Sicherheit feststellen. - Die Besiedlung Britanniens durch die Angeln erfolgte zwischen 450 - 550. Man kann annehmen, dass die Vereinigung der Völker in Thüringen im 4. oder 5. Jahrhundert, jedenfalls vor 531 stattgefunden haben muß. Den Weg der Ausbreitung der Warnen und Angeln von Jütland bis nach Thüringen lassen die zahlreichen -leben Orte und die Namen für den Gau "Engelin" (an der Schmücke und Hainleite) und das "Warnenfeld“ (östlich der Saale in Thüringen) erkennen. Also die Warnen oder die Angeln brachten die -lebe-Bezeichnung mit in ihr neues Siedlungsgebiet

 

Das Grundwort -leben ist mit dem got. laiba, altnord. leif, altsächsisch lewa, altniederdeutsch leba, mittelhochdeutsch leve, althochdeutsch leiba gleichbedeutend. Es heißt soviel wie Erbe, Hinterlassenschaft, Grundbesitz, Grundeigentum. Es wurde vorwiegend in Verbindung mit Personennamen gebraucht. Bei der Gründung des Ortes wurde also der Harne eines in seinem Stamme bevorzugten Mannes, eines Grundherrn oder Eroberers mit dem Begriff -leben zur Bezeichnung der neuen Siedlung verbunden. Bemerkenswert ist, daß diese -leben Dorfgründungen vorwiegend auf guten, ertragreichen Böden vorgenommen wurden (was auch für Billeben zutrifft) und sehr alte Pfarrstellen hatten. Wer nun der Gründer des Dorfes Billeben (älteste Bezeichnung Bienelebe) war, läßt sich leider nicht mehr feststellen. Nach dem gegenwärtigen Stand der Forschungen ist dieses wohl die einleuchtendste Erklärung für den Namen Billeben und damit für den Familiennamen Bilieb u.a. Interessant sind in diesem Zusammenhang andere Deutungen, wie sie in einigen Namenbüchern vorkommen, die aber, wie aus dem Vorstehenden hervorgeht, vollkommen abwegig sind. So führt August Friedrich Pott in seinem 1853 erschienenen Buch über die Entstehung der Personennamen, Bilieb auf den Ort Biegeleben zurück und bringt Bil mit dem mittelhochdeutschen bil = Spitzhacke in Verbindung. Prof. Al. Buttmann erklärt, in seinem 1856 erschienenen Buch über die deutschen Ortsnamen, Billeben als ein Dorf in flacher Ebene (bill = eben, glatt). Das trifft für die Ortslage zwar zu, aber die älteste Schreibweise ist eben nicht Bil sondern Biene bzw. Bene. Viele andere Namenforscher lassen sich ebenfalls durch die Silbe Bil zu falschen Deutungen, wie Bil - Milde, Lindigkeit; Bill = Gesetz, Recht, Urkunde- Bill = entstanden aus Sibylle- Bille = Übername für dickes Gesäß (eine sehr lustige Deutung!) usw. verleiten.

 

Selmar Kleemann erklärt in seinem 1931 erschienenen Buch Billeb-Billeib mit Sohn oder Leibeserbe des Beiles, Schwertes, Rechts oder Gesetzes. Auch Heintze-Casoorbi erklärt 1933 Billeib mit Sohn des Schwertes oder Gesetzes. Max Gottschald führt zwar, in seiner 1971 neu herausgegebenen Deutschen Namenkunde, Bilieb richtig auf den Ortsnamen Billeben zurück, die Namen Billep, Billepp und Bilipp aber auf Philippus (gr. Pferdefreund). Er übersieht dabei, daß Billep usw. nur Abwandlungen von Bilieb sind. Das Gleiche folgern auch 1958 Dr. Kaspar Linnartz und ebenfalls 1958 Rudolf Zoder in ihren Büchern über die Familiennamen Billep, Billepp und Bilipp. Dagegen bedarf die von Dr. Hans Bahlow 1965 in seiner Schrift "Deutschlands geographische Namenswelt“ gebrachte Erklärung des Namens Billeben-Beneleben = Sumpf oder Moor noch einer eingehenden Untersuchung. Hier könnte eine Ausnahme von der Regel Personennamen mit dem Grundwort -leben zu verbinden vorliegen. Wenig wahrscheinlich erscheint dagegen eine Verbindung zu der altdeutschen Mythologie, wie sie Duval in seinen thüringischen Heimatschriften bringt. Der Gott Biel hat bestimmt nichts mit der Entstehung des Ortsnamens Billeben zu tun.*

 

Auszug aus der Familienchronik von Eitel-Friedrich Billeb

Dessau, 1988

 

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*) Nachtrag 2007: Eine theoretisch weitere Herkunftsmöglichkeit ergibt sich aus dem slawischen Wort „biely“ = weiß (verschiedene Schreibweisen, analog zu:

http://genealogienetz.de/reg/THU/NDH/biele.html#Kurz oder auch: http://de.wikipedia.org/wiki/Bille, bzw:

http://de.wikipedia.org/wiki/Jat ),

 

Zwei weitere Belege für die Existenz ehemaliger slawischer, bzw. wendische Siedlungen in unmittelbarer Nähe zu Billeben finden sich hier:

>http://www.helbeduendorf.de/index.php?option=com_content&task=view&id=20&Itemid=44<

www.kleinwelsbach.de/texte/Geschichte.pdf

 

Die Herkunftsmöglichkeiten für –leben sind mittlerweile auch hier besprochen:

http://de.wikipedia.org/wiki/-leben

 

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